Theo Ramrath: Neo-expressivm RAM-ART
Der Aachener Künstler Theo Ramrath präsentiert einen neuen Zyklus gesellschaftskritischer Malerei.
von Dirk Tölke – erschienen auf klenkes.de
Was macht ein Aachener Künstler, der ortsansässig ist, gar mit eigener Galerie? Um der Gefahr zu entgehen, die im weltweiten Verkauf probat erscheint, nämlich an bestimmten Merkmalen oder mit einer Machart bekannt zu sein, die allerdings einengend und berechenbar werden können, versucht er auszubrechen.
Theo Ramrath ist so einer. Er ist nicht nur mit Geste und wilder Malerei groß geworden, sondern auch mit der daran hängenden impulsiven Haltung ausgestattet, die in seinen Werken der letzten Jahre fast meditativ geläutert erschien.
Enormer Farbsinn
Dort zeigt sich die Lebhaftigkeit im Spurenhinterlassen und in Materialcollagen; rohe Brettmaterialien, die mit Farbschichten belegt sind, mehrfach abgeschliffen und wieder ergänzt. Zwischen diese dann aufgeschnittenen Bretter fügt er Stapel schmaler Glasstreifen.
Was Ramrath hier an glanzvoller, speckiger, glimmender und mit Kratz- und Werkspuren belegter Oberfläche inszeniert, für die er bekannt ist, zeigt enormen Farbsinn. Hier kommt der Farbziseleur und Edelstahlplattengraveur, der Oberflächenritzer und Resteverwerter im gebändigten Impuls zu malerischen Lösungen.
Rotziges Malen ohne Gelecktheit
Als Restaurator und gelernter Buchbinder sind ihm zahllose Materialien bekannt und die Oberflächenwirkung ein Ziel, in seinen Buchobjekten aus bemalten Glasplatten werden diese Bezüge sichtbar. Was einend bleibt, sind der ruppige Charme, die Spontaneität, die den brotberuflich gekonnten Präzisionsarbeiten ein rotziges und sprödes freies Malen ohne Gelecktheit entgegenhalten.
Ein solcher Blick sieht in den auf verbrauchtem Arbeitsmaterial abgestriffenen Pinselresten und Klebemassen nicht vorrangig Müll, sondern formalen Reichtum, anregenden Zufall, der eine Richtung braucht. Hatte diese längere Zeit informelle Züge, so wird es im neuen Zyklus unbändig realistisch.
Clangesellschaft zusammengerotteter Typen
Aus der Glasfassade seiner Galerie heraus beobachtet Ramrath jeden Tag städtisches und touristisches Treiben in der Pontstraße. Ein Potpourri von High und Low Society mit zeittypischen Gewohnheiten, Moden und Haltungen ist da zusammengekommen, das Ramrath nun aus der Erinnerung ohne Zuhilfenahme von Fotos auf die Leinwand rausgesprudelt hat.
Die schlichte Schematik des Arrangements ist eine Clangesellschaft zwischen Klassenfoto und einschüchternder Phalanx im Schulterschluss zusammengerotteter Typen. Diese fröhlichen Herrscherversammlungen, wüsten Verbrechergesellschaften oder mit Handyknochen und Drink to go bewehrten jugendlichen Dresscode-Individualisten sind in unbekümmerter Manier und sich wundernder Beobachterlaune farbstark und karikaturnah hingerotzt.
Kopfhaltungen, Körperknicke, Grinselippen und Schminkattacken kommen überzeichnet daher, sind aber gut beobachtet, beziehungsweise erinnerungsgesampelt und voller Farbsequenzen für den Liebhaber malerischer Details. Gelegentlich sind nicht nur die Typen aufrührerisch, sondern auch die Farben.
Lebendig und authentisch
Da ist sie wieder, die Haltung des wilden Malers, der sich selbst auch überraschen lassen möchte, der Lust am Ausbruch aus dem Regelmaß hat, der volles Risiko geht und auf diese Weise lebendig und authentisch bleibt.
Was da gesellschaftsbeobachtend entstanden ist, ist weder Karikatur à la Doré, noch expressiver Realismus à la George Grosz, noch streetartige Graffitimanier, sondern ein generationsspezifisch ähnlicher kommentierender Impuls aus dem Geist der wilden Malerei, aber angereichert durch Skepsis, Lächerlichkeit und selektierte Gegenwart.
Erfinderischer Künstler
Eine Gegenwart, in der alle Generationen gleichzeitig und mit Beeinflussung an der Zukunft arbeiten und mit Kombinatorik und Spontaneität neues wagen und erproben. Ob das Ergebnis Resonanz findet, muss sich zeigen.
Am Anfang reicht ein Käufer. Eigentlich schön, wenn ein erfinderischer Künstler sagen kann. „So kennt man mich nicht“.